Steffi Burkhart: Von der Sportwissenschaftlerin zum "Sprachrohr der Generation Y"

Mit Dr. Steffi Burkhart, dem "Sprachrohr der Generation Y",  werden wir an unserem Workshop "Speed, Action: Results!" am 19. April 2016 in Horgen in die Gedankenwelt der Generation Y eintauchen. Sie räumt mit Vorurteilen über die jungen Menschen auf und bringt uns näher, weshalb die Generation Y bei der Gestaltung der Arbeitswelt der Zukunft unerlässlich ist. Als Vorgeschmack gab Steffi uns ein Interview.

Wie wird man von der Sportwissenschaftlerin zum Sprachrohr der Generation Y?
Ungeplant. Das steht fest. Ich habe nach meinem Abitur Sportwissenschaften studiert, im Anschluss promoviert und parallel von 2010 bis 2012 in einem Konzern gearbeitet. Was ich dort erlebt habe, war für mich ein Kulturschock: Alte, starre Hierarchien, die jungen Leute dort wurden überhaupt nicht ernst genommen. Meine Motivation ging ziemlich schnell bergab. Also stellte ich mir die Frage: Wie kann es sein, dass ich nach zwei Jahren Berufsleben eigentlich kein Bock mehr aufs arbeiten habe?

Dann sind mir im Netz erste Beiträge begegnet, in denen über die Generation Y berichtet wurde – negativ. Das hat mich geärgert. Im Januar 2014 habe ich den Mut gefasst, aus der Brille der Generation Y ein Blog zu schreiben, um Vorurteile aufzulösen. Mitte 2014 stand ich das erste Mal auf einer großen Bühne und so kam das Eine zum Anderen.

Ich habe bemerkt, dass es viele junge Menschen gibt, die sich in ihrem Arbeitsumfeld nicht wohl fühlen, ihre Bedürfnisse aber nicht gut artikulieren können. Das versuche ich. Ich stehe auf der Bühne, sitze in Diskussionsrunden, bin in TV-Formaten zu sehen, schreibe Beiträge und habe jetzt ein Buch geschrieben mit dem Titel „Die spinnen, die Jungen! Eine Gebrauchsanweisung für die Generation Y“. Darin erkläre ich die Bedürfnisse, Wünsche und Ansprüche an Arbeit und Führung junger Menschen wissenschaftlich fundiert (wie ich finde). Junge Menschen sind in der Minderheit, das dürfen wir nicht außer Acht lassen.

Was kannst du mit deinem Einsatz für die Gen Y bewegen?
In erster Linie Aufklärung leisten, Impulse setzen und eine Hilfe zur Selbsthilfe geben. Das tue ich Tag für Tag – mal mit mehr Erfolg, mal mit weniger Erfolg.

Die Gen Y wird oft mit der 68-er Generation verglichen und als „heimliche Revolutionäre“ bezeichnet. Wie viel Wahrheit steckt in dieser These?
Junge Menschen sind wichtige Treiber für den Kulturwandel, den wir in der Arbeitswelt aktuell durchleben. Insofern passt der Begriff „stille Revolution“ viel besser zu der Veränderung und dem Wandel in der Arbeitswelt.

Welche Vorurteile über die Generation Y stimmen, welche nicht?
Eine pauschale Frage. Mir fällt häufig auf, dass Aussagen und Meinungen nicht differenziert genug oder mit Blick auf die Megatrends diskutiert werden. Als Beispiel: Oft höre ich, die jungen Leute sind Egos. Es ist aber nicht Egoismus, was uns antreibt, sondern das Streben nach Individualismus. Junge Menschen wollen und müssen zukünftig das Beste aus sich herausholen. Wir gehen auf das Zeitalter der Selbstverantwortung zu: In einer Welt, in der der Beruf oft keine Sicherheit mehr bietet und in der Multigrafien zur Normalität werden, sind wir selbst für unsere Wettbewerbsfähigkeit im Markt verantwortlich.

Auf der anderen Seite wollen wir in Projekten mit anderen zusammenarbeiten. Individualismus vs. Wir-Kultur. Das ist nicht Egoismus. So gibt es viele Themen, die ich aus unterschiedlichen Blickwinkeln versuche, zu beleuchten und Vorurteile aufzulösen.

In welcher Hinsicht haben es die heutigen jungen Menschen einfacher bzw. schwieriger als frühere Generationen?
In einer Zeit der Multioptionalität ist es möglich, seinen eigenen Lebensweg zu gehen und sich basierend auf eigenen Interessen selbst zu verwirklichen. Das haben aber viele noch nicht verstanden. Es fehlt die Aufklärung! Dann wird uns auch die demografische Entwicklung in die Karten spielen. Auch das ist ein Vorteil.

Gleichzeitig wird der Leistungsdruck immer größer. Wer zukünftig nicht mit den Anforderungen mithalten kann, fliegt raus aus dem System der schönen Neuen Arbeitswelt. Dann tun sich Schattensein auf wie eine Abhängigkeit von riesigen Plattformen, bspw. UBER. Hier werden Dienstleistungen on demand für einen Mini-Lohn angeboten.

Was können Jung und Alt gegenseitig voneinander lernen?
Das kommt auf den Kontext an. Die Kinder von heute können immer weniger von ihren Eltern lernen, sich Tipps einholen, wie sie ihren eigenen Lebensweg gehen – zumindest weniger als unsere Eltern von deren Eltern. Die traditionellen Lebensläufe werden zum Randmodell. Es ist nicht mehr zeitgemäß, wenn ich als Eltern meinem Kind den Rat gebe: „Geh zu einem Konzern, gehe in den öffentlichen Dienst, werde Beamte/r, da bist du sicher und gut aufgehoben.“

Es gibt viele junge Leute, die feststellen, dass ihre Eltern teilweise gar nicht verstehen, welchen Weg sie gehen, welchen „neuen“ Beruf sie ausüben. Hier klafft eine Lücke. Es fehlen Vorbilder, Mentoren für junge Menschen, die Orientierung und Sicherheit bieten.

Im Arbeitsumfeld wiederum gibt es Bereiche, in denen Jung von Alt und umgekehrt lernen können. Ältere Menschen haben deutlich mehr Berufserfahrung. Die Jungen bringen neues Know-how mit in die Arbeitswelt. Hier bietet sich ein Reverse-Mentoring gut an, um gegenseitig voneinander zu profitieren. Das ist überhaupt der Leitsatz meines Buches: Es geht nicht ums Alter sondern vielmehr um den Mindset.

Hast du ein Rezept für eine erfolgreiche generationenübergreifende Zusammenarbeit?
Nö. Aber es ist wichtig, zu verstehen: Die Spannungen, die wir zwischen Jung und Alt in der Arbeitswelt erleben, resultieren aus unterschiedlichen Glaubensansätzen, Paradigmen, Gewohnheiten sowie den verschiedenen Wertesystemen zu Arbeit und Führung, die aufeinanderprallen. Zusammenarbeit ist wichtig, in erster Linie egal wie.

Kennst du Organisationen, in denen diese Zusammenarbeit funktioniert?
Ja, und zwar sind das meistens Unternehmen, in denen Austausch auf Augenhöhe stattfindet, Selbstbestimmung statt Top-Down-Kultur und Spaß bei der Arbeit zum Alltag dazu gehören. Wo also moderne Werte gelebt werden.  

Wenn du eine Zeitepoche wählen dürftest, in der du nochmals 30 sein könntest, welche wäre das?
Ich lebe gerne im Hier und Jetzt. Und bin gespannt, was in der Zukunft kommt. Woran ich manchmal denke ist, wie wir wohl interagieren würden, wenn es kein Internet gäbe ...

 

"Speed, Action: Results": Der Co-Creation Workshop in Zusammenarbeit mit dem Lorange Business Institute, an dem wir nicht über, sondern mit der ‎Generation Y sprechen und wir gemeinsam innovative Lösungen für den Arbeitsmarkt der Zukunft kreieren.

Weitere Informationen
Zur Anmeldung